Während die vergangenen Jahrzehnte mit einem stetigen Anstieg der weltweiten Lebenserwartung um ca. 2,5 Jahre pro Jahrzehnt einhergingen, lassen aktuelle Entwicklungen Zweifel aufkommen, ob sich dieser Trend in Zukunft weiter fortsetzen wird. Tatsächlich gibt es viele Gründe, wie z.B. drohende Auswirkungen des Klimawandels, die für eine Stagnation oder sogar einen Rückgang der Lebenserwartung sprechen. Andererseits machen klinische Studien zur Beeinflussung des menschlichen Alterungsprozesses Hoffnung auf beispiellose Anstiege der Lebenserwartung. Insgesamt ist die Zukunft der Lebenserwartung aktuell so unsicher wie selten zuvor. Das Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) hat im Rahmen der Herbsttagung der DAV auf diese Unsicherheit hingewiesen und vorgestellt, wie Aktuare in der Praxis mit dieser Unsicherheit umgehen können.
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Berücksichtigung der Unsicherheit in Modellen
Zentrale Voraussetzung für einen sinnvollen Umgang mit Langlebigkeitsrisiken ist, dass die Unsicherheit verstanden und entsprechend in aktuariellen Modellen abgebildet wird. Viele Fakten sprechen dafür, dass die Unsicherheit über längere Zeiträume deutlich höher ist als über kürzere Zeiträume. Die weitverbreitetsten stochastischen Sterblichkeitsmodelle bilden diese Struktur der Unsicherheit jedoch nicht angemessen ab. In mehreren Veröffentlichungen hat das ifa gezeigt, dass diese Modelle das Langlebigkeitsrisiko über längere Zeiträume unterschätzen, und deshalb eine Erweiterung entwickelt, um diese Struktur der Unsicherheit adäquat zu berücksichtigen.
Modelle werden typischerweise „mit Blick in den Rückspiegel“ an historische Daten kalibriert („Data-Driven“). Entwicklungen, welche die zukünftige Unsicherheit maßgeblich beeinflussen, in der Vergangenheit jedoch nicht beobachtbar waren (wie z.B. medizinische Durchbrüche beim Verständnis des Alterungsprozesses), können mit einem solchen Ansatz nicht berücksichtigt werden. Hierzu müssen auch Expertenmeinungen aus anderen Disziplinen in die Modellkalibrierung und -validierung einfließen („Driver-Driven“).
Anwendungsbereiche in Produktentwicklung und Risikomanagement
Das ifa unterstützt Versicherer mit Hilfe von stochastischen Sterblichkeitsmodellen bei der Modellierung, Messung und dem Management von Langlebigkeitsrisiken. In der Produktentwicklung umfasst dies etwa die Bewertung verschiedener Arten von Rentengarantien (wie z.B. garantierte Rentenfaktoren oder Mindestrenten). Im Risikomanagement kommen stochastische Sterblichkeitsmodelle insbesondere zur Überprüfung der Angemessenheit der Standardformel für Solvency II oder bei der Entwicklung und Qualitätssicherung von Internen Modellen zum Einsatz. Eine methodisch saubere Quantifizierung des Langlebigkeitsrisikos ist stets Voraussetzung für einen sinnvollen Abgleich der eingegangenen Risiken mit dem eigenen Risikoappetit und den langfristigen strategischen Zielen.
Die Zukunft der Lebenserwartung ist aktuell so unsicher wie selten zuvor. Das ifa hat im Rahmen der Herbsttagung der DAV auf diese Unsicherheit hingewiesen und vorgestellt, wie Aktuare in der Produktentwicklung und im Risikomanagement mit dieser Unsicherheit umgehen können. [mehr]
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